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Was bitte, war das für ein Tag?

Über einen beschissenen Tag einer Singlemama

Jenny_Singlemama_alleinerziehend_Blog_Berlin

Kennt Ihr diese Tage, die Ihr am liebsten aus dem Kalender streichen möchtet. Heute war so ein Tag. Es ist jetzt 21 Uhr und ich stehe in der Küche. Eigentlich hatte ich mich auf einen entspannten Fernsehabend gefreut. Stattdessen gieße ich mir völlig erschöpft ein Glas Rotwein ein. Der Rest von letzter Woche. Meine Augen brennen vom Weinen. Was bitte, war das für ein Tag?

06:00 Uhr

Irgendwas klingelt, richtig, mein Wecker. Müde steige ich aus dem Bett, gehe duschen. Heute ist ein wichtiger Tag. Mein erstes Bewerbungsgespräch nach einer Vielzahl von Bewerbungen. Die Stelle ist genau das, was ich kann, genau das, was ich liebe. Doch dazu später mehr. Ich mache Frühstück, wecke den Kleinen und lese am Frühstückstisch noch einmal meine Notizen für mein Gespräch später. Ich bin gut vorbereitet. Und so mache ich den Kleinen fertig und schicke ihn in die Kita. Eine Stunde später verlasse ich das Haus. 

08:00 Uhr

Dass Tempelhof weit weg ist, wusste ich. Dass die „Anreise“ so lange dauert, damit hatte ich nicht gerechnet. Ich trete aus dem Haus. Es regnet. Super, das Haare glätten hätte ich mir sparen können. Auf dem Weg zur Bushaltestelle sehe ich, wie der Bus mir vor der Nase wegfährt. Gut, nehme ich halt den Nächsten. Nach zehn kalten Minuten stehe ich im Bus. Kaum rein gekommen bin ich, so voll war der. Dann beginnt die Odyssee: mit dem Regio 20 Minuten bis Südkreuz und dann erst einmal Ende. „Der Zugverkehr verkehrt aufgrund eines Polizeieinsatzes unregelmäßig.“ War ja klar. Wenn ich es mal eilig habe. Immer wieder schaue ich nervös auf die Uhr. Die Bahn kommt. Eine Station bis Tempelhof, weiter drei Stationen mit der U-Bahn und dann noch in den Bus. Gerade so schaffe ich es zu meinem Gespräch. Den Nervenkitzel hätte ich nicht gebraucht.

09:30 Uhr

Mein Bewerbungsgespräch läuft gut, so zumindest mein Empfinden. Ich beschreibe meine beruflichen Stationen, präsentiere mich im besten Licht und nach 60 Minuten ist alles vorbei. „Wir melden uns dann Ende der kommenden Woche.“ In Ordnung. Ich trete die Heimreise an. Und als wäre der Hinweg nicht schon beschissen genug gewesen, erwartet mich ähnliches zurück. Ich frage mich, ob der Job diese Tortur wert ist. Über eine Stunde hin. Über eine Stunde zurück. Aber die Stelle klingt toll – eine herausfordernde Tätigkeit mit einem vielseitigen Aufgabenbereich. Eigentlich genau meins. Völlig erschöpft komme ich zu Hause an.

12:00 Uhr

Auf Anraten meiner Freundin optimiere ich meinen Lebenslauf, scanne meine Zeugnisse und pimpe meine Profile auf XING und LinkedIn. Immer wieder schaue ich auf meinen Posteingang, doch bisher keine weiteren Rückmeldungen von potentiellen Arbeitgebern. Nebenbei schaue ich VOX. Wunderbar – wie lange habe ich schon nicht mehr Shopping Queen gesehen?

15:50 Uhr

Ich fahre zu einer befreundeten Kita-Mutti. Unsere Kinder sind befreundet und mein kleiner wollte unbedingt mal zu ihm nach Hause. Warum nicht. Es war ein schöner Nachmittag bei Kaffee und guten Gesprächen. Auch sie ist alleinerziehend und wuppt ihren Alltag so gut es geht. Wir tauschen uns aus, die Kinder spielen. Dann wollen wir los und das Drama beginnt.

18:45 Uhr

Mein Sohn möchte sich seit neuestem immer ein Spielzeug ausleihen. Und eigentlich hatte er sich auch schon ein Spielzeug ausgesucht. Doch irgendwie wollte er sich nicht entscheiden. Ich wollte aber los und bat ihn seine Schuhe anzuziehen. Nach dem dritten Mal wirft er sich auf den Boden und bockt. Doch damit nicht genug. Aus dem Bock wird ein hysterischer Wutanfall. Er tritt, haut, boxt und schreit völlig hysterisch die Wohnung zusammen. Ich versuche ihn anzuziehen, doch er wehrt sich mich Händen und Füßen. Gut, dann eben ohne Jacke und Schuhe. Die stopfe ich in meine Tasche und packe meinen Sohn unter den Arm. Er wehrt sich, keift, tritt und boxt weiter. Im Auto ist erst einmal Ruhe.

19:45 Uhr

Wie automatisiert fahre ich bei seinem Papa vorbei und klingle an der Tür. Keiner da. Ich schicke ihm eine Nachricht. „Ich stehe vor Deiner Tür. Wir müssen reden.“ Er ruft zurück. Er kann nicht, er sei essen. Er bietet an später vorbei zukommen. In diesem Moment merke ich, wie idiotisch meine Idee war und wünsche ihm einen schönen Abend. Tränen steigen mir in die Augen. Traurig fahre ich nach Hause.

20:10 Uhr

Ins Bett bekomme ich den Kleinen nicht. So viel war klar. Also habe ich ihn ignoriert. Irgendwann bitte ich ihn sich Schlafsachen anzuziehen. Es folgt ein weiterer Wutanfall. Warum ist er nur so wütend? Und dann merke ich, wie wütend ich bin. Auf mich, auf mein Leben, auf meinen Ex. Während er sich einen schönen Abend in geselliger Runde macht, kämpfe ich mit dem Orkan namens Kind. Wir telefonieren, was sinnlos war. Er würde nochmal rumkommen. Wir könnten reden. Ich fange an zu heulen und frage mich, was das bringt. Ich sage „bis später“. 

20:30 Uhr

Nun heule ich richtig. Vor meinem Kind, was pädagogisch ein totales no go ist. Ich sage ihm, dass ich sehr traurig darüber bin, wie er sich benimmt. Er bockt weiter. Ich lege mich auf mein Bett und schließe die Augen. Den Kleinen lasse ich ihm Wohnzimmer. Er redet ja nicht mit mir. Und ihn unter Gebrüll ins Bett zu schicken, ist zum derzeitigen Zeitpunkt ohnehin sinnlos. Und dann spüre ich sie wieder, die Wut. Warum muss ich allein durch den Scheiß?

21:00 Uhr

Mein Kleiner lehnt sich an mich. Ich nehme ihn in den Arm und fange an zu weinen. Hey, ich bin auch nur ein Mensch. Er geht brav in sein Zimmer, zieht seine Schlafsachen an und legt sich hin. Es ist Ruhe im Karton. Mittlerweile ist es 22:30 Uhr, dieser Beitrag ist fertig und mein Glas so gut wie leer. In weniger als zwei Stunden habe ich Geburtstag. Happy Birthday. Auf das morgen ein besserer Tag wird.

 

 

Kommen Euch solche Tage bekannt vor? Berichtet mir davon. Ich freue mich auf Eure Erfahrungen.

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Kommentare: 2
  • #1

    Marion (Mittwoch, 09 Januar 2019 08:15)

    Hey Jenny,
    Oh ja ich bin völlig verzweifelt mit Emmi. Sobald ich mit ihr alleine bin ist sie komplett anders. Sie hört kein stück, sie rastet richtig aus mit laut kreischen hauen treten. Sie lacht mich aus und provoziert so dass ich richtig sauer werden. Aber egal was ich mache, sie macht weiter. Ich hab alles versichert ignorieren, schimpfen, reden. Erst gestern abend war es wieder so. Ich weiss auch nicht warum sie es macht. Weil ich nicht mehr kann werde ich auch eine Erziehungsberatung aufsuchen. Denn ich bin mit dem Latein bei ihr am Ende. Lange Rede kurzer Sinn du bist nicht alleine. Mit lieben Grüßen Marion

  • #2

    Sonja (Samstag, 02 Februar 2019 08:14)

    Hallo Jenny!

    Ach ich kenne das gut. Ich bin seit meine Kleine 5 Wochen alt ist allein erziehend. Es ist oft sehr schwer. Und ich hab mit meinem Schicksal oft gekämpft. Nach zwei Jahren Scheidungskrieg bin ich erst jetzt am Weg Ruhe und Entspannung in mein Leben zu bringen.
    Und ja, Kinder spüren Alles! Sie nehmen kleinste Nuancen von Schwingungen wahr. Wenn ich traurig, wütend, hilflos war, schrie meine Kleine fast ohne Pause.
    Darf ich dir einen Tipp geben. Du darfst vor deinem Kind weinen. Das ist sogar wichtig. Dein Kind muss sehen wie es dir geht. Unterdrückte Gefühle sind nie gut. Was lernt er sonst. Meine Gefühle sind nicht richtig und wichtig. Alles muss unter den Tisch gekehrt werde. Also sei authentisch. Wir Mamas sind auch nur Menschen �
    Alles Liebe Sonja