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Ghosting, Benching & Co

Über miese Strategien im Dating heute

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In den letzten drei Jahren habe ich immer wieder die Erfahrung gemacht, dass Typen sich von heute auf morgen nicht mehr melden. Einfach abtauchen, ohne eine Erklärung warum. Als ich einer lieben Freundin davon erzählte, sagte sich nüchtern „Der ghostet dich“. Ich verstand nur Bahnhof. Ich griff zu meinem Handy und fragte Google. Und tatsächlich, dieser Begriff war in Verbindung mit (Online) Dating fest etabliert. Ghosting ( engl. „Geisterbild“)  ist nach Wikipedia ein vollständiger Kontakt- und Kommunikationsabbruch ohne Ankündigung im Rahmen einer zwischenmenschlichen Beziehung. Und das obwohl vorher etwa Dates stattgefunden haben oder sogar bereits eine Beziehung bestand. Jegliche Kontaktversuche laufen plötzlich ins Leere. (Vgl. Wikipedia, Stand 21.05.2020) Bähm, besser hätte ich meine Erfahrungen nicht zusammenfassen können.

Mehr als Ghosting – miese Strategien

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Ich wollte mehr darüber wissen und suchte weiter. Nach wenigen Klicks stieß ich tatsächlich auf weitere Phänomene der heutigen Datingwelt. Habt Ihr schon mal etwas von Benching, Breadcrumbing, Gatsbuying, Zombieing oder sogenannten Pick up Artisten gehört? Ich bis dahin auch nicht. Anfangs musste ich erst einmal herzlich lachen. Was ich dann aber las, fand ich gar nicht mehr so witzig. Denn all diese Begriffe standen und stehen für miese Strategien im (Online) Dating. Und auch ich ertappte mich dabei, dass ich es selbst auch schon getan habe. Nur eins habe ich nie – geghostet. Aber schauen wir uns einmal im Detail an, was sich genau dahinter verbirgt.

Breadcrumbing

Der Begriff „Breadcrumbing“ setzt sich aus den englischen Wörtern „bread“ (Deutsch: „Brot“) und „crumb“ (Deutsch: „Krümel“) zusammen. Im Grunde geht es um nichts anderes, als den Date-Partner warm zuhalten, in dem wir ihm kontinuierlich Brotkrumen zuwerfen – so beispielsweise kleine Flirtereien per WhatsApp, Komplimente oder Versprechungen. Fotos werden geliked oder mit Herzchen kommentiert. Zu einem realen Treffen kommt es selten. Und falls doch, dann meist nur aus einem Grund: unverbindlicher Sex. Denn echtes Interesse an einer festen Beziehung besteht selten. Es geht viel mehr darum, den eigenen Marktwert zu testen oder das Ego zu polieren.

Benching

Auf den ersten Blick scheinen Benching und Breadcrumbing dasselbe zu sein. Auch wenn Benching letztlich auch nur eine weitere Taktik ist, den Date-Partner warm zuhalten, so gibt es einen wesentlichen Unterschied. Bencher schließen eine feste Beziehung nicht grundsätzlich aus. Sie können oder wollen sich aber einfach nicht zwischen den vielen verschiedenen Optionen entscheiden. Sie lieben die Auswahl. Und so wird der Date-Partner einfach auf der Reservebank geparkt. Der nie versiegende Nachschub im Online Dating macht es möglich.

Gatsbying

In seinem Roman „Der große Gatsby“ (1925) skizziert Francis Scott Fitzgerald seinen Protagonisten Jay Gatsby als eine Inszenierung seiner selbst. Der aus armen Verhältnissen stammende Gatsby hat früh verstanden, dass „Erfolg haben“ vor allem mit „sich verkaufen können“ zu tun hat. Angelehnt an Fitzgeralds Hauptfigur steht Gatsbying  heute für protzen und sich von der besten Seite zeigen. Das Ziel ist es, die Angebetete gezielt mit inszenierten Postings zu beeindrucken. Und seien wir doch mal ehrlich. Das digitale Zeitalter macht es doch möglich. Innerhalb weniger Stunden kann sich jeder via Facebook, Instagram und Co. ein „Alter Ego“ kreieren. Am Ende ist und bleibt es ein Fake.

Zombieing

Wenn du auf einmal und völlig unerwartet von einer Person hörst, die dich vorher geghostet hat, dann haben wir einen Zombi in unserem Leben. Dabei ist es völlig egal, ob es das Liken von Bildern ist, das Kommentieren des eigenen Status oder das einfache Anschreiben über einen Messenger. Auf einmal ist der „Ex“ wieder da. Die Motive sind dabei ganz unterschiedlich – der eine möchte sein Ego nach einer durchzechten Nacht pushen, der andere ist einfach auf eine schnelle Nummer aus. Wieder andere melden sich aus wirklich wiederkehrenden Gefühlen.

Ist das alles noch normal?

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Während ich diesen Artikel schreibe, gehe ich in Gedanken die einzelnen Date-Partner noch einmal durch. Und ja, auch ich wurde mehrfach Opfer dieser miesen Dating-Strategien. Und es tat weh. Verdammt weh sogar. Schlimmer als der Schmerz ist jedoch die Frage nach dem „Warum?“.  Antworten habe ich bis heute kaum bekommen. Und wie selbstverständlich hinterfrage ich nur mich und mein Verhalten, nicht aber das meines Gegenübers. Habe ich mich aufgrund der vielen flüchtigen Möglichkeiten im Universum des Online-Dating damit abgefunden und nehme diesen Zustand einfach nur noch als gegeben hin? 

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Nehmen wir beispielsweise A*, den ich eines Abends in einem meiner Lieblingsläden kennenlernte. Unsere Blicke trafen sich zu Roxettes „Look“. Was folgte war eine Nacht voll intensiver Gespräche und Verbundenheit. Ich für meinen Teil fühlte mich ihm von Anfang an sehr nah. Wir verabredeten uns direkt für den nächsten Tag und verbrachten auch an diesem Tag eine wunderbare Zeit. Nur schweren Herzens konnten wir uns an diesem Abend voneinander verabschieden. Das war das letzte Mal, an dem ich ihn sah. Was folgte, waren quälende Wochen zwischen Hoffnung und Ernüchterung. Die Signale, die A. sendete, widersprachen komplett seinem Verhalten. Und ich war zu verknallt, um meine Konsequenzen daraus zu ziehen. Am Ende tauchte er einfach ab. Ohne Erklärung. Einfach weg. Ich weiß bis heute nicht warum. Vielleicht stand er einfach nicht auf mich. Möglich. Aber rechtfertigt diese Tatsache sein Verhalten? Mal überlegen!

Meine Botschaft an Dich

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Ich sage nein! Dieses Verhalten ist nicht in Ordnung. Jede einzelne dieser oben genannten Taktiken stehen für Feigheit und  die mangelnde Fähigkeit, emotionale Bindungen einzugehen. Menschen treffen sich, entdecken Gemeinsamkeiten, verlieben sich – oder eben auch nicht. Manchmal braucht es gar kein großes Warum. Manchmal ist es eben einfach nur das Gefühl, dass es nicht passt. Das ist ok. Aber hey – den Mund aufzumachen und ehrlich zu sein, bringt niemanden um. Daher meine Botschaft an Dich: Reiß das Pflaster einfach ab. Ich vertrage den kleinen Stich.

* Name geändert // Quellen: Onlinedating.de, Axe.de, Focus.de, Parship.de, Singleboersen.biz

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Kommentare: 3
  • #1

    Kathi (Mittwoch, 16 September 2020 07:32)

    Tatsächlich kannte ich bisher nur das ghosting �. Gut zusammengefasst. Und ich vertrete deine Meinung, dass dies alles miese und feige Strategien sind, die die digitale Welt hervor gebracht hat. Die fehlende persönliche Bindung führt zu mehr Anonymität und letztendlich zum Abstumpfen und nicht mehr abschätzen können, wie sich andere Menschen im realen Leben fühlen. Oder es interessiert die wenigsten. Die Unverbindlichkeiten nerven!!!!

  • #2

    Steffi (Mittwoch, 16 September 2020 14:12)

    Sehr schön zusammengefasst. Viele Frauen kennen diese Begriffe gar nicht. Deshalb erkennen sie auch nicht die Maschen hinter dem Verhalten einiger Männer. Wenn alle diese Begriffe und ihre Bedeutung kennen würden, würden sich bestimmt auch nicht so viele Leute mehr verarschen lassen. Das Internet allein ist nicht schuld. Für mich zeugt dieses Verhalten auch von schlechter Erziehung.. Sehr schade. :(

  • #3

    Steffi Loehnert (Mittwoch, 18 November 2020 06:23)

    Ich war auch einige Jahre Alleinerziehende Mama und habe die gleichen Erfahrungen gemacht.
    Feste Bindungen einzugehen scheint vielen Menschen Angst zu machen. Aber woran liegt das ?