· 

How to be Single

Über mein Leben in einer Single-Gesellschaft und dem Wunsch nach der ganz großen Liebe

How_to_be_Single_Header_Jenny_Singlemama_alleinerziehend_Blog

Ich habe mich im Zuge meines Studiums lange mit dem Thema „Single“ beschäftigt. Es war Thema meiner Magisterarbeit. Die Theorie also, wer als Single gilt und wer nicht, ist mir wissenschaftlich bestens bekannt. Während der Begriff „Single“ noch vor 50 Jahren als eine Art Gesinnung galt, ist er heute zu einer festen Lebensphase geworden – eine Zwischenstation auf der Suche nach einem anderen Leben. Denn der Wunsch nach Unabhängigkeit, Flexibilität, Selbstbestimmung und freier Wahl lassen alte Lebenskonzepte wie ein Korsett für die eigene Entwicklung und Selbstentfaltung erscheinen. Nun ist der Single aber auch kein reines Phänomen des 21. Jahrhunderts. Menschen lebten schon immer allein. Vielmehr hat sich der Stellenwert des Alleinlebens verändert. Es wurde zu einer Lebensform, die sich längst neben anderen Lebenskonzepten als fester Bestandteil unserer Gesellschaft etabliert hat. So weit nichts neues.

Wir sind knapp 17 Millionen

2019 lebten in Deutschland rund 16,8 Millionen Singles. 4,7 Millionen waren davon überzeugte Singles und wünschen sich keinen festen Partner an ihrer Seite, (Statista, 14.01.2020). Laut Deutschlands Single-Studie möchte jedoch jeder vierte seinem Single-Dasein ein Ende bereiten und begibt sich daher aktiv auf Partnersuche, (Parship, 14.01.2020). Dazu nutzen 90% das Internet, bei den unzufriedenen Alleinstehenden zwischen 35 und 44 Jahren sogar 97 Prozent. Und das offensichtlich mit Erfolg: Denn 21 Prozent haben ihren aktuellen Partner im Internet kennengelernt. Laut Parship gibt es aktuell über 3,5 Millionen Online-Paare in Deutschland. Nur das soziale Umfeld wie Freunde, Familie oder Nachbarn knüpft noch mehr Partnerschaften. Wirklich? Da habe ich bisher noch nie jemanden getroffen.

Letzter Ausweg Online-Dating?

Ja, ich gebe es zu. Auch ich habe versucht online einen Mann zu finden. Schließlich ist das ja heute gesellschaftlich etabliert und irgendwie auch selbstverständlich. (Parship, 14.01.2020). Ehrlicherweise muss ich sagen, dass ich mich dabei nur den kostenlosen Online-Portalen bedient habe – darunter auch Facebook oder Instagram. Ich mag mir einfach noch nicht eingestehen, dass ich wirklich Geld ausgeben muss, um einen wahrhaftigen Mann kennen zu lernen. Meinen Erfahrungen darüber habe ich einen ganzen Blogbeitrag gewidmet. Das Fazit war eher ernüchternd. Wir sammeln Likes, um das eigene Selbstwertgefühl und unsere verletzten Egos aufzupolieren. Die reale Person steht nicht mehr im Mittelpunkt. Vielmehr sind wir nur noch inszenierte Versionen unserer selbst. Und das ist so gar kein schönes Gefühl mehr. Das fühlt sich nicht mehr richtig an.

Gerade lese ich das Buch „Generation Beziehungsunfähig“ von Michael Nast. Nast beschreibt, dass Dating-Apps die Unverbindlichkeit einer Clubnacht kultivieren. Sie bieten die Möglichkeit, Unmengen an Dates zu haben, da der Nachschub nie versiegt. Das Gegenüber wird nur noch konsumiert, ist zu 100 Prozent austauschbar. Wir stumpfen ab. Irgendwie hat er Recht. Dieses Gefühl kenne auch ich nur zu gut.

In Ordnung, ich habe verstanden

How_to_be_Single_3_Jenny_Singlemama_alleinerziehend_Blog

Während wir früher noch in Clubs gegangen sind, um Männer kennen zu lernen, durchforsten wir heute Online-Portale in der Hoffnung auf den 100 Prozentigen Match. Das Ergebnis bleibt dasselbe. Alle Sebastians, Michaels und Björns aus meinen Mittzwanzigern treffe ich heute wieder. Sie haben andere Namen, sind älter, habe echte Jobs und harte Panzer – aber jeder einzelne erscheint mir wie ein Dejà Vu. Und wenn sie auch alle ähnliche Neurosen haben, so hat sich eines grundlegend verändert. Nämlich der Umgang miteinander. Wenn ich vor elf Jahren verabredet war, dann war ich verabredet. Da gab es kein unverbindliches „Lass uns noch einmal schreiben“. Und wenn klar war, dass es nirgendwo hinführt, dann hatte Mann den Anstand, dass auch zu sagen und nicht einfach zu schweigen. Heute hat sich so vieles verändert. Oder doch nicht?

Eine Frage des Beuteschemas?

Einige werden jetzt ketzerisch sagen, dass ich immer die falschen Männer treffe. Dass ich mein Beuteschema überdenken sollte. Und irgendwie scheint das ja auch zu stimmen. Denn bilde ich eine Schnittmenge, so haben sie alle eins gemeinsam. Am Anfang übersteigerte Euphorie, Liebesbekundungen ohne Ende und dann brutales Schweigen. Was meistens bleibt, sind offene Fragen und mein verletztes Ego. In der Regel suche ich die Ursache bei mir. Was um alles in der Welt habe ich nur getan, dass der Typ sich dann einfach gar nicht mehr meldet? Dass es einfach an dem Typ und seinen Neurosen liegen könnte, kommt mir in diesen Momenten nicht in den Sinn. 

How_to_be_Single_1_Jenny_Singlemama_alleinerziehend_Blog

Nachrichten mitten in der Nacht sind eben keine charmante Variante mir zu zeigen, dass Mann mich mag. Aussagen wie „Ich kann gerade nicht“ bedeutet nicht, dass er es dann später irgendwann kann. Es ist eine Art hingehalten werden auf dem Weg nach Nirgendwo. Aber darin liegt ja für mich auch irgendwie der Kick – nämlich den anderen davon zu überzeugen, die geilste Kirsche auf der Torte zu sein. Und schenke ich Michael Nasts Blogbeitrag Glauben, so sei das ein typisches Verhalten für einen ängstlichen Beziehungstyp. Der hat nämlich gelernt, dass Liebe nur durch Leistung entsteht. Und während ich noch ackere, sitzt dieser Typ schon bei der nächsten Schnitte auf der Couch.

Aber liebe Männerwelt, ich möchte euch nun auch nicht alle über einen Kamm scheren. Manchmal stehe ich mir auch einfach selbst nur im Weg. Wenn ich jemanden mag, dann mag ich ihn eben. Und dann will ich alles, gleich und sofort. Die Floskel „Lass es ruhig angehen“ kenne ich nicht.

Gefunden werden

Schaue ich mir mein Leben als alleinerziehende Mama an, so ist es im Grunde gar nicht so schlecht. Kinderwunsch, check. Job mit Perspektive, check check. Soziales Umfeld, triple check. Ich benötige weder einen Versorger, denn ich sorge für mich selbst. Noch brauche ich einen Vater für meinen Sohn, denn den hat er schon. Und auch wenn ich mich an vielen Abenden einsam fühle, so habe ich mittlerweile tolle Freunde, mit denen ich einmalige Erlebnisse schaffe.

How_to_be_Single_2_Jenny_Singlemama_alleinerziehend_Blog

Aber - es gab da eben auch diese eine schicksalhafte Begegnung in jener Nacht, die mein Leben komplett auf den Kopf stellte. Doch so schnell dieser Mann auftauchte, so schnell war er auch wieder weg. Mieses Timing! Aber was blieb, ist die starke Sehnsucht nach dieser einen, wahren Liebe in mir. Den Wunsch, mein Leben und all die großartigen Momente mit jemandem zu teilen. Wir beide gegen den Rest der Welt. Und ja, meine Mama würde sagen, lass dich finden, suche nicht. Aber wie soll ich nicht nach Etwas suchen, wonach ich mich im tiefsten meines Inneren so sehr sehne? Doch wisst ihr was - Ich versuch das jetzt einfach mal. Prost!

Kommentar schreiben

Kommentare: 2
  • #1

    Sany (Mittwoch, 15 Januar 2020 21:49)

    Hast du wieder toll geschrieben! Ganz abgesehen vom Inhalt, mit dem du den Nagel auf den Kopf getroffen hast, mag ich deinen Schreibstil einfach mega. Könnte gefühlt stundenlang lesen, so ein Flow haben deine Texte! � ��

  • #2

    Daniela Thailand (Samstag, 15 Februar 2020 17:01)

    Du schreibst toll und das Thema kannte ich auch nur zu gut. Viele Jahre war ich Single, unterbrochen von kurzen Beziehungen, die eigentlich von vornherein nicht rund liefen. Vor über drei Jahren habe ich dann meinen Freund kennen gelernt. Bzw mich von ihm finden lassen. Auf Tinder! Es kann also auch online klappen. Aber man braucht schon ne große Portion Glück um von der Nadel im Heuhaufen gefunden zu werden.