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Ich bin keine Maschine!

Über Prio null und das gute Gefühl, egoistisch zu sein

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Heute habe ich eine E-Mail erhalten, dass mein Blog als einer der besten Familienblogs in Deutschland ausgezeichnet wurde. Herzlichen Dank dafür. Auch wenn es keine renommierte Jury war, so habe ich mich trotzdem riesig darüber gefreut. Denn diese Auszeichnung hat mir wieder deutlich gemacht, dass meine Artikel gelesen werden und auch gefallen. Mit diesem Blog habe ich mir einen Traum erfüllt. Denn Menschen wie mich gibt es so viele. Plötzlich alleinerziehend, auf sich allein gestellt ohne familiäres Back Up. Mein Ziel war es, all diesen Menschen Mut zu machen und eine Inspiration zu sein. Denn wir alle haben dieselben Sorgen, Ängste und Nöte. Auch wenn ich von außen betrachtet als taffe Frau wahrgenommen werde, so bin ich auch nur ein Mensch und keine Maschine. Auch ich habe nur begrenzt Kraft, sehne mich nach Halt und einem Hafen, in dem ich ankern kann. 

Mein Leben ist schön

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In den letzten zweieinhalb Jahren nach der Trennung habe ich viel erreicht. Der größte und wichtigste Schritt war mich selbst wieder zu finden. Mir über meine Wünsche und Bedürfnisse bewusst zu werden, hat meinen Blick auf das Wesentliche geschärft. Ich habe mir und meinem Sohn eine bunte Welt geschaffen, die von den vielen Erlebnissen lebt. Sie ist wie ein Buch, das wir beide kontinuierlich mit Erinnerungen füllen. Und rein rational betrachtet, ist unser Leben wirklich gut. Ich habe einen abwechslungsreichen, verantwortungsvollen Job, ein liebevolles gemütliches Nest und einen tollen Freundeskreis, der mich regelmäßig daran erinnert, wie schön das Leben ist. Vor allem aber habe ich mir selbst versprochen, dass ich immer Prio null habe. Das scheint erst einmal egoistisch zu sein, verstehe ich. Aber seien wir doch mal ehrlich - wenn es mir nicht gut geht, wie kann ich dann gut für mich und meinen Sohn sorgen? 

Nach einem Hoch folgt ein Tief

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Doch auch ich gerate immer wieder in Schieflage. Dann verliere ich den Blick auf die Dinge, die wirklich wichtig sind. Dann sehe ich nur, was ich nicht habe. Das sind jene Momente, in denen ich nur noch funktioniere. Aufstehen, zur Arbeit gehen, das Kind versorgen, ein bisschen Berieselung und ab ins Bett. Aus Tagen werden Wochen, aus Wochen dann Monate. Und im nu bin ich gefangen in einem Hamsterrad, das einfach nicht zum Stehen kommt. Gerade eben hatte ich erst wieder solch eine Phase. 

Es wurde still

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In den letzten Monaten habe ich quasi nur noch gearbeitet. So gut wie jede freie Minute habe ich dem Job gewidmet. In den Wochen, in denen ich meinen Sohn hatte, habe ich ihn immer nur irgendwie dazwischen gequetscht. In den kindfreien Wochen habe ich mich nur noch stärker auf den Job konzentriert. Und wo ich dachte Liebe gefunden zu haben, war keine. Zumindest nicht für mich. Wo ich mich hätte zurücklehnen sollen, musste ich nur auch wieder ackern. Statt meinen Akku aufzuladen, habe ich dort nur noch mehr Energie gelassen. Den Kontakt zu meinen Freunden habe ich in dieser Zeit fast verloren. Ihre Sorgen um mich nahm ich nicht ernst. Warum auch, ich hatte ja ohnehin keine Zeit darüber nachzudenken. Ich hörte nicht mehr richtig zu. Ich nahm kaum noch jemanden wahr - außer die unerledigten Aufgaben auf meiner to do Liste. Bis das Karussell dann endlich zum Stehen kam. 

Dann kam die Leere

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Gefühlt wurde ich von einem Tempo auf der Überholspur auf null runtergebremst. Und wo die Arbeit pausierte, war auf einmal nur noch Leere. Nachts konnte ich nicht schlafen. Tagsüber war ich unfassbar angespannt und innerlich unruhig. Es schien, als würde neben meinem Job nichts anderes mehr existieren. Wieder einmal gab es mich nicht mehr. Und so zogen die ersten Urlaubstage wie ein Film an mir vorbei. Ich habe mich ständig gefühlt, als würde ich mich selbst von außen beobachten. Und auch wenn es zum Ende meines Urlaubs etwas besser wurde, so kam ich trotzdem nicht zur Ruhe. Noch ehe ich bis drei zählen konnte, war der erste Arbeitstag schon wieder da. Also machte ich einfach weiter. Die Leere ist geblieben. 

Ein Schritt in die richtige Richtung

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Wenn du von deinem Weg abkommst, braucht es manchmal nicht viel, um den einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung zu machen. Du musst einfach mit dem Herzen sehen. Und das habe ich getan. Ein Tag am See, ein Spaziergang durch Berlin, einfach die Seele baumeln lassen. Da wo bis vor kurzem nur noch Leere war, liegen nun viele schöne Erinnerungen. Solche Momente machen mich selig. Und auf einmal sehe ich wieder, worauf es in meinem Leben wirklich ankommt. Für diese Erfahrung bin ich sehr dankbar. Und so schließt sich der Kreis. 

Wieder Prio null

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Für mich war der eine wichtige Schritt, mir selbst wieder Prio null zu geben. Meinen Job mache ich nun wieder gern und auch mit dem nötigen Engagement. Er ist aber nicht länger der Mittelpunkt meines Lebens. Das bin in allererster Linie ich. Darum habe ich zum Ausgleich auch endlich wieder mit Sport angefangen. Ich lerne jetzt laufen. Und wo ich noch vor ein paar Wochen nach 500 Metern kraftlos zusammengesackt bin, schaffe ich nun schon knapp vier Kilometer. Yoga hilft mir meine Gedanken zu kanalisieren und mich zu fokussieren. Unternehmungen mit und ohne meinen Sohn geben mir nun auch wieder das Gefühl, zu leben. Aber all das hätte ich nicht geschafft, wären da nicht diese besonderen Menschen in meinem Leben, die mich bestärken, meinen Weg zu gehen. Ich hab Euch lieb!

Meine Bitte an Euch!

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Ihr Lieben, wenn Prio null bedeutet, egoistisch zu sein, dann seid bitte unbedingt egoistisch. Hört auf zu funktionieren. Seid gut zu Euch. Sorgt dafür, dass es euch gut geht. Dann könnt Ihr alles schaffen.

 

Ich trinke auf Euch, auf das Leben und auf meinen Blog - einer der besten in Deutschland.

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Sany (Montag, 03 August 2020 08:46)

    Wie immer sehr schön geschrieben und am besten gefällt mir der letzte Absatz! Daran sollten wir uns alle öfter erinnern, wenn es uns gut geht und wir positiv in die Zukunft schauen, können wir alles schaffen! Und was wir alleine nicht schaffen, das schaffen wir dann zusammen! ;-)

  • #2

    Kyra (Montag, 03 August 2020 10:10)

    Der Blog über Prio Null ist mit einer der schönsten Blogge die ich gelesen habe!
    Wie „Sany“ sagte, besonders der letzte Absatz ist sehr schön und ich finde auch, dass wir uns mehr davon zu Herzen nehmen sollten.
    Häufiger abschalten, das Leben lebenswert machen, denn am Ende zählen doch die Erfahrungen, Erinnerungen und Freundschaften anstatt der Job oder Streit!
    Gehört zu den besten Bloggen von Berlin - sehe ich auch so! :*