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Es geht auch miteinander

Über den steinigen Weg, eine Familie zu bleiben

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Seit ein paar Tagen folge ich einer Gruppe auf Facebook. Es geht dabei um Alleinerziehende, ihren Ängsten, Sorgen und Nöten. Thema Nummer eins ist der Umgang der Eltern miteinander. Immer wieder lese ich, dass Mütter den Vätern die Kinder vorenthalten. Dass Väter sich einfach vor ihrer Verantwortung davon stehlen. In meinem Freundeskreis sehe ich ein ähnliches Bild. Zwischen den Eltern herrscht Eiseskälte, ja fast Hass. Es gibt kein Miteinander. Die Leidtragenden sind die Kinder.  Ich bin fassungslos. Ich muss darüber schreiben. Es geht auch anders. Es muss anders gehen!

Kinder trennen sich nicht

Als wir uns trennten, war unser Sohn knapp fünf. Für uns war von Anfang an klar, dass wir dem Kleinen die Familie erhalten möchten.  Denn der Kleine hat sich nicht getrennt. Er hat Mama und Papa gleichermaßen lieb. Das schlimmste, was wir ihm hätten vermitteln können, wäre das Gefühl gewesen, sich zwischen uns entscheiden zu müssen. In diesem Fall wäre ein innerer Konflikt entstanden, den er nicht hätte ertragen können. Den kein Kind überhaupt ertragen kann. Bei Mama zu sein, die über Papa schimpft, ist gleichermaßen unerträglich wie bei Papa zu sein, der an Mama kein gutes Haar lässt. Er versteht nicht, warum Mama und Papa sich nicht mehr lieb haben. Für ihn ist nur seine heile Welt zerbrochen. Wir haben als Eltern die Pflicht, die Scherben gemeinsam aufzusammeln.

Aus Erfahrung wollten wir es anders machen

A. und ich kennen diese Situation. Wir sind beide ohne Vater aufgewachsen. Und auch wenn unsere Mütter uns den Kontakt zu unseren Vätern nicht verwehrt haben, so war Papa trotzdem nicht da. Für unseren Sohn wollten wir dieses Gefühl nicht. Er sollte sich nicht entscheiden müssen, wo er Weihnachten verbringt. Er sollte nicht zweimal Geburtstag feiern müssen, nur weil Mama und Papa nicht in einem Raum sein können. Er sollte uns beide haben, in getrennten Wohnungen zwar, aber immer mit dem Gefühl uns beider sicher zu sein.

Meine Bedürfnisse kamen zum Schluss

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Nach der Trennung war ich so zornig, so wütend. Die Krätze habe ich meinem Ex an den Hals gewünscht. Ausgeteilt habe ich, ohne Ende. Doch er hat nie das Weite gesucht. Er wollte Verantwortung übernehmen. Da sein, anders als sein Vater. So manches Mal habe ich überlegt, womit ich ihm am meisten weh tun kann. Die Antwort war einfach - mit dem Kind. Es wäre für mich ein leichtes gewesen, ihm einfach den Umgang mit dem Kind zu verweigern. Ob rechtens oder nicht, dass hätte er gerichtlich erstmal durchboxen müssen. Aus Liebe zu meinem Sohn und dem Wunsch, dass er weiterhin behütet aufwächst, habe ich meinen eigenen Stolz runter geschluckt.

Gemeinsam statt gegeneinander

Anfangs wollte der Kleine nicht zu Papa. Hat sich mit Händen und Füßen gewehrt, aber doch irgendwie gefügt. Gern hätte ich öfter gesagt „Selbst Schuld, du bist gegangen. Leb mit den Konsequenzen. Von mir hast du nichts mehr zu erwarten.“ Hab ich aber nicht. Im Gegenteil. Ich habe den Austausch gesucht. Gemeinsam haben wir überlegt, was wir tun können, damit sich unser Sohn wohler bei ihm fühlt. Immer wieder bin ich auf meinen Ex zugegangen und habe mit ihm darüber gesprochen, wie er die Beziehung verbessern kann. Und er hat meine Unterstützung angenommen. 

Mich hat es innerlich fast zerrissen

Bei meinen bisherigen Beziehungen hab ich nach der Trennung stets den Kontakt abgebrochen, was im Nachhinein auch immer eine gute Entscheidung war. Bei einem Kind, wo beide gleichermaßen das Sorgerecht haben, geht das in meinen Augen einfach nicht. Es gibt immer wieder Berührungspunkte, wo ein Austausch von Nöten ist. Allein schon die Verteilung der Wochenenden war per WhatsApp eine Katastrophe. Und sich jedes Mal wieder zusammen zusetzen, war wie Pflaster abziehen, schmerzhaft. Mich hat es so manches Mal innerlich fast zerrissen. Doch vor dem Kind haben wir Auseinandersetzungen strikt vermieden. Und auch wenn die „Übergaben“ an den Wochenenden manchmal sehr spärlich ausfielen, so wünschten wir dem Kleinen und uns immer ein schönes Wochenende und eine gute Zeit. 

Miteinander reden

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Es gab so manchen Moment, da hätte ich lieber geschrien und um mich gehauen. Aber wir haben viel über uns geredet, über das was schief gelaufen ist. Immer und immer wieder haben wir versucht, uns gegenseitig zu verstehen. Für unseren Sohn. Dass mein Ex schnell einen neuen Partner hatte, machte es nicht leichter. Wieder Wut, wieder Enttäuschung. Das ein oder andere Gespräch hat dermaßen Kraft gekostet, dass ich dachte ich packe das nicht. Aber dann hab ich meinen Kleinen angeschaut und gesagt, doch, es muss reichen.

Heute

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Mittlerweile ist über ein Jahr seit der Trennung vergangen. Mein Ex hat sich zu einem tollen Papa entwickelt. Auch wenn seine Wohnung ein separates Kinderzimmer zum aktuellen Zeitpunkt nicht zulässt, so hat er ihm einen kleinen Bereich geschaffen. Er unternimmt viel mit ihm, versucht für den Kleinen und mich da zu sein. Er holt ihn jeden Morgen bei mir zu Hause ab und bringt ihn in den Kindergarten. Damit wir uns nicht täglich über den Weg laufen, wartet er vor der Tür und ich schicke den Kleinen runter. Der Mittwoch hat sich zu einem festen Papa-Tag etabliert. Und mit den Wochenenden wechseln wir uns regelmäßig ab.

 

Wir treffen uns weiterhin regelmäßig. Mal mit dem Kleinen zusammen oder auch mal zu zweit, stehen immer noch in einem engen Austausch miteinander. Wir haben in unseren Wohnungen dieselben Regeln und verfolgen weiterhin dieselben Werte und Prinzipien. Keiner von uns beiden verwöhnt den Kleinen mehr oder weniger als der andere. Wir ziehen an einem Strang. Auch Heiligabend verbringen wir gemeinsam.

Ein Appell!

Liebe Eltern, es geht auch anders! Eure Kinder haben sich nicht getrennt. Es braucht Kraft und Bereitschaft solch einen Weg zu gehen. Es braucht Väter, die Verantwortung übernehmen und ihren Kindern ein Vorbild sein wollen. Es braucht Mütter, die ihren Stolz runter schlucken. Kinder dürfen nicht zur Waffe im Krieg der Eltern werden. Ihr müsst keine Freunde werden, keine Familie sein. Ihr solltet lediglich einen guten Umgang miteinander haben. Redet miteinander. Gebt Euren Kindern das Gefühl, bei beiden Zuhause zu sein!

 

#familiebleiben

 

Hinweis: Alle in diesem Beitrag erwähnten Personen sind über den Inhalt informiert und haben ihre Zustimmung gegeben.

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