Spiel, Satz und erste Niederlage

Plötzlich machte es pling. Ich erhielt einen Icebreaker, wohoo! Icebreaker sind kostenpflichtige Nachrichten um einen ersten Chat zu beginnen. Die Nachricht bestand aus mehreren Sätzen, nicht schlecht. Da hatte sich der Unbekannte tatsächlich was überlegt. Anschließend schaute ich mir das Bild an. Immerhin, kein Totalausfall. Im Gegenteil, eins der Fotos zog mich bereits zu diesem Zeitpunkt magisch an. Also, warum nicht. Ich antwortete. Und so kamen wir ins Gespräch. Unser erster Chat ging knapp drei Stunden – über dies und das. Das Eis war gebrochen.

S. ist Mitte 30 und Papa. Fand ich im Vorfeld schon mal super. Für mich kommen nämlich nur noch Männer mit Kind in Frage. Alle anderen verstehen das doch gar nicht, wie das ist mit Kind. Rein optisch waren Realität und Profilbild identisch. Daumen hoch, das habe ich schon anders erlebt. Er zahlte meinen Kaffee und meinen Kuchen – ein weiterer Pluspunkt. Das ein mal eins des Dating schien er zu beherrschen. Nach einem holprigen Start begannen wir uns zu unterhalten. Und es funktionierte. Puh, Glück gehabt.

Im Laufe des Abends wurde jedoch schnell deutlich, dass S. der Typ Mann ist, der ganz klar die Bedingungen stellt. Und ich spürte instinktiv, das ist kein Beziehungsmaterial. Aber das war zu diesem Zeitpunkt auch nicht weiter schlimm. So richtig auf der Suche nach was festem war ich ja auch nicht. Ein bisschen Spaß darf es ja wohl noch sein. Also ließ ich die Dinge geschehen. Ich war ganz fest der Überzeugung, den sehe ich ohnehin nicht wieder. Und doch hatte mich irgendwas an gepiekt, was mich ständig an ihn denken ließ – wahrscheinlich sein Bad Boy Charme. Und genau in diesem Moment muss ich an die Worte meiner Mama denken. Ich würde mir immer Männer aussuchen, die ich nicht haben kann. Ach, wirklich?!

Für ihn ist das wahrscheinlich nicht mal ein Spiel, sondern er ist einfach so. Keine Ahnung ob das Ende seiner Beziehung so schmerzhaft war, dass er sich einfach nur davon ablenken möchte. Vielleicht ist er aber auch nur der Typ Mann, der es genießt so Aufmerksamkeit für sich zu gewinnen. Wahrscheinlich bin ich nicht mal die einzige. Vielleicht ist er auch einfach ein Arsch.

Und trotzdem sitze ich hier auf meinem Sofa und bin tatsächlich enttäuscht. Und ich ärgere mich so sehr über mich selbst, über meine Gutgläubigkeit. Wahrscheinlich werdet ihr jetzt mit den Augen rollen, es war ja schließlich nur ein Date. Und recht habt ihr. Aber S. hat mich so becirzst mit seinem Nachrichten, dass ich tatsächlich dachte, er hat ein echtes Interesse. Und zack fühle ich mich wieder wie mit Mitte 20. Und wieder stelle ich mir ernsthaft die Frage, was ist denn nur mit den Männern los?

In meiner Welt ist das ganz einfach. Ich lerne jemanden kennen, ich mag ihn, ich möchte ihn wieder sehen. Oder eben nicht. Und dann bin ich auch ehrlich. Ich spiele keine Spielchen. Und wenn es nicht passt, dann lulle ich den anderen auch nicht ein, nur um das Gefühl zu haben, dass da jemand ist, der mich ablenkt. Eine Art Beschäftigung in den einsamen Momenten.

Aber was will ich von einer Online-Dating-Plattform wie Lovoo erwarten? Es ist ein Sammelbecken für die vergessenen Seelen. Und ich nehme mich da ja auch nicht aus. Aber wie soll ich jemanden in der realen Welt treffen, wenn wir uns auf dem Weg zur Arbeit in der Bahn nicht einmal mehr anschauen. Zu sehr sind wir damit beschäftigt, im Handy nach den neuesten News oder Posts zu suchen. Was ist das für eine Welt, wo wir unseren Nachbarn nicht mehr kennen, aber eine App nutzen, um mit ihm ins Gespräch zu kommen? Doch ich gebe die Hoffnung nicht auf. Ich träume immer noch von der Begegnung im Supermarkt, wo mir meine Pizza runterfällt und Prinz Charming sie aufhebt.

Und S.? Dem wünsch ich noch‘n geiles Leben, mit knallharten Champagnerfeten…