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It’s time to drink champaign

and dance on the table

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Ich starre auf die wunderschönen Bilder meines Thailand Urlaubs in Februar. Wie frei ich mich gefühlt habe. Drei Wochen mit meinem Sohn – kein Druck, kein Stress, nur sein. Auch Job technisch lief es endlich mal. Dieses Gefühl, ich könnte alles schaffen, hielt auch tatsächlich eine ganze Weile an. Bis mir die Gegenwart wieder um die Ohren flog. Denn heute ist von diesem Gefühl der inneren Zufriedenheit nur noch wenig über. Ich kann überhaupt nicht mehr sagen, wann sich dieses Gefühl wieder in mein Leben geschlichen hat. Ich nehme an, es ist die Summe vieler Kleinigkeiten. 

Ich bin enttäuscht.

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Noch nie in meinem Leben, wurde ich dermaßen verletzt und enttäuscht, wie von meinem Ex. Und das hatte ich ehrlich nicht erwartet, weil ich während der Trennung emotional dermaßen weit weg von ihm war. Und ich hab eine scheiß Wut. Auch fast zwei Jahre später immer noch. Denn rückblickend betrachtet fühlt sich all die gemeinsame Zeit und sein „Du wirst immer der wichtigste Mensch in meinem Leben bleiben“ wie ein einziger Betrug an. Verschenkte Jahre. Lebenszeit, die ich nicht zurück bekomme. Und ich frage mich ehrlich, ob ich mich von dieser Beziehung im Allgemeinen, der Trennung aber im Besonderen jemals wieder erhole. 

Ich bin unsicher.

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Trennungen sind immer scheiße. Trennungen mit Kind hingegen sind richtig scheiße. Denn über all meinen eigenen Befindlichkeiten steht das Wohl meines Kindes, das wie ein Pendel zwischen Mama und Papa hin und her schwingt. Und weil meine eigene Kindheit auch nicht so prall war und mir der Kleine unendlich leid tut, hinterfrage ich mich viel zu oft selbst und zweifle. Bin ich zu streng, bin ich nicht streng genug? Projiziere ich meine eigenen Gefühle auf die seine? Gefällt es ihm womöglich bei Papa besser? Was, wenn er sich entscheidet, bei Papa zu wohnen? Und das, wo ich ihn doch quasi in den ersten fünf Jahren fast alleine hatte. Das ist nicht fair.

Ich bin wütend.

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Während ich sonst nach Trennungen einfach einen harten Schnitt gemacht hätte, ist das mit Kind eben nicht möglich. Ein Kind verbindet ein Leben lang. Und während wir uns eigentlich dazu entschieden hatten, gemeinsam Eltern zu bleiben, sieht die Realität heute ganz anders aus. Wir sind nicht mehr Mama und Papa, wir sind Mama oder Papa mit neuem Freund. Der übrigens nach meinem Empfinden wie selbstverständlich eine weitere Vaterrolle im Leben meines Sohnes einnimmt. Und im Gegensatz zum eigentlichen Vater, weiß der auch noch ziemlich genau, wie der Hase zu laufen hat. Weil das eben bei Freunden funktioniert. Ich kotze.

Ich bin einsam.

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Oh ja. Und es auszusprechen macht es noch realer. Einer meiner ersten Artikel handelte bereits von diesen beiden bösen Wörtern – soziale Isolation. Nun bin ich sozial nicht isoliert. Dafür habe ich eine Menge getan. Aber Geselligkeit geht anders. Oder warum trinke ich mein Glas Wein Samstag Abend wieder allein? Wo ist denn nun der Prinz auf seinem scheiß weißen Gaul? Dich gibt’s doch! Und ich weigere mich, den Glauben an die Liebe zu verlieren.

Ich bin berufstätig.

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Und auch wenn das gut so ist, so habe ich durch meinen Job doch ziemlich wenig Zeit – Für mich, meinen Sohn und auch Freunde und Bekannte. Die Tage, an denen ich meinen Sohn habe, sind bis zur letzten Minute durchgetaktet. An diesen Tagen ist kein Platz für Spontanität oder Flexibilität. Mein Leben als Jenny spielt sich lediglich alle zwei Wochen von Mittwoch bis Montag ab. Für einen stabilen Freundeskreis oder eine feste Partnerschaft eben auch nicht so einfach.

Ich lebe in Berlin.

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Und die Stadt nervt. Aber so richtig. Ich erlebe Berlin als ein Mekka der unbegrenzten Möglichkeiten. Und es scheint, als seien die Menschen, die hier leben, immer auf der Suche: nach dem besseren Job, der schöneren Wohnung, dem schnelleren Auto, den cooleren Freunden, dem heißeren Partner. Immer in Bewegung, immer unter Strom, immer easy going, immer open minded. Verbindlichkeit? Nein Danke. Das macht mich krank. Doch ich kann mich dem auch nicht wirklich entziehen.

Ich bin Jenny!

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Viel zu lang habe ich mich in den letzten Monaten diesem Gefühl schon ergeben. Doch ich kann den Schalter auch nicht plötzlich wieder umlegen. Und so schaue ich mir die Bilder aus Thailand noch einmal an und überlege, warum genau ich mich dort so unbeschwert gefühlt habe. Richtig, weil nichts von dem eben Beschriebenem eine Rolle gespielt hat. Dort war ich nicht verletzt, wütend oder einsam. Ja, ich war Mutter – aber es war wunderbar. Auf Berlin habe ich mich sogar richtig gefreut. Zeigt das nicht, dass allein die Perspektive der Schlüssel ist? Mir geht es doch eigentlich gut. Ich bin beruflich erfolgreich, habe ein tolles selbständiges Kind. Ich stehe mit beiden Beinen im Leben und weiß ziemlich genau, was ich will. Viel wichtiger noch, ich weiß ziemlich genau, was ich nicht will.

 

Vielleicht sind es manchmal tatsächlich die kleinen Dinge im Leben, die mich wirklich glücklich machen. Und nicht das Streben nach der großen, ganzen Perfektion. Wie gut habe ich mich letztens gefühlt, als ich mit einer Kollegin nach der Arbeit noch was trinken war. Wie glücklich war ich, mit meiner Tanztruppe in der Kategorie Ü30 den ersten Platz geholt zu haben. Wie toll war heute der Tag mit meinem Sohn. Deswegen: Ich trink auf mich – und tanze im Schlüppi durch meine Wohnung.

 

 

Aber eins geht trotzdem  gar nicht: Wenn der Prinz seinen scheiß weißen Gaul nicht in meine Richtung reitet!

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Kommentare: 2
  • #1

    Jennifer (Dienstag, 26 Januar 2021 19:54)

    Überraschenderweise hat hier noch niemand kommentiert.
    Ein erfrischender Beitrag.
    Es muss nicht immer alles Eitel-Wonne-Sonnenschein sein.
    Es muss nicht immer leicht verdaulich und bekömmlich sein.
    Ehrlichkeit ist manchmal rau, Offenheit eine Rarität.

    Ein schöner Beitrag mit Ecken und Kanten, in dem sich Optimismus, Hoffnung und "Ja zum Leben sagen" zwischen den Zeilen lesen lässt..

  • #2

    Single Mom at work (Mittwoch, 27 Januar 2021 10:31)

    Liebe Jennifer, lieben Dank für deinen Kommentar. Ich habe den Beitrag gerade noch einmal gelesen und kann mich gut an diese gemischten Gefühle erinnern. Am Ende musste selbst ich wieder herzlich lachen. Lieben Dank für diesen Anstoß.