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Einfach machen!

Oder warum mein Trip nach Thailand auch eine Reise zu mir selbst ist

Es ist soweit. Ich sitze mit meinem Sohn am Flughafen und warte auf das Boarding. Ein ganzes halbes Jahr habe ich auf diesen Moment gewartet. Nun ist er da. Abflug nach Thailand. Doch etwas mulmig ist mir schon zu Mute. Allein, mit Kind. Aber ich war bereits einmal da. Damals noch zu dritt, mit einem nicht so schönen Ende. Ich möchte es noch einmal erleben und die nicht so schönen Erinnerungen mit schöneren überschreiben. Und so warten wir nun an Gate A15 in Berlin Tegel auf unseren Flieger.

Der Abflug verspätet sich

Ich starre aus dem Fenster der Abflughalle. In den letzten Wochen ist viel passiert. Nach meinem herben Jobverlust Anfang Dezember bin ich in ein wirklich tiefes Loch gefallen. Bei mir ging es bergab, beim Kindsvater bergauf. Ein Ungleichgewicht, dass mich völlig aus der Bahn geworfen hat. Aufgrund der Arbeitslosigkeit fehlte mir der Antrieb morgens aufzustehen, und so blieb ich einfach liegen. Im Selbstmitleid habe ich mich gewogen, bis ich für mich selbst entschieden habe, so darf es nicht weiter gehen – ganz dem Motto: Aufstehen, Krone richten, weiterlaufen.

 

Ich lächle. Der neue Job ließ nicht lange auf sich warten. Bereits Mitte Januar unterschrieb ich meinen neuen Arbeitsvertrag als Projektmanagerin in einem der größten privaten Klinikträger in Deutschland. Das Gleichgewicht war wieder hergestellt. Begleitet wurde ich in dieser Zeit von einem Buch, dass meine Sicht auf das Leben verändert hatte. Während dieser Zeit wurde mir bewusst, dass ich in den sieben Jahren meiner letzten Beziehung gar nicht mehr existiert habe. Mit meiner Vierfachbelastung als Mutter, Angestellte, Hausfrau und Freundin bin ich als Person völlig verschwommen. Es gab weder Ziele, noch Träume noch sonst irgendwas. Es gab immer nur die nächste Etappe. 

Boarding

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Heute bin ich dabei, mich wieder selbst zu finden. Und deswegen sitze ich nun auch hier am Flughafen, mit meinem Sohn und zwei Boardingpässen für den Turkish Airlines Flug nach Bangkok. Wir steigen ein.

 

Ich war schon immer ein Mensch, der für das hier und jetzt gelebt hat. Sparen kann ich, wenn es einen Sinn hat. Für die Investition in einen Rentenfond hatte ich nie genug Geld. Also gab ich das Wenige für mich aus. Heute habe ich das Geld, blicke aber anders auf die Absicherung meines Ruhestandes. Wozu ein Haus bauen, Geld anlegen, arbeiten gehen, um dann mit 65 festzustellen, dass ich zu krank um zu leben? Warum nicht jetzt das Leben im Rahmen meiner Möglichkeiten leben, mit Kind, mit Job, mit Mann oder ohne?

Boarding Completed

Meine Reisepläne haben für sehr kontroverse Meinungen gesorgt. „Du kannst doch nicht allein mit Kind.“ Doch, ich kann! Und ich werde. Und nun ist es so. Mit diesem Trip nach Thailand beende ich eine lange Reise und beginne einen neuen Lebensabschnitt. Und mein Kleiner? Der kommt natürlich mit. Er kann sich noch heute an unseren letzten Trip erinnern. Wie groß werden seine Erinnerungen an diese Reise sein, wie groß die Bereicherung für sein weiteres Leben? „Ob es nicht hätte auch Spanien sein können?“ Leider nein. Europa kenne ich zu gut. Und warst du einmal an solch einem Strand mitten im Paradies, dann willst du einfach nichts anderes mehr. Und genau deswegen, sitzen wir jetzt in Gang 31 und warten auf den Start unserer Maschine.

Wir fliegen ab

Ich schließe meine Augen. Die Maschine hebt ab. Ich bin stolz. Ich habe es tatsächlich gewagt. Ich habe auf mich gehört und bin meinem inneren Bedürfnis gefolgt. Und wenn die Mama glücklich ist, überträgt sich das in meinen Augen auch auf das Kind.

 

 

Doch bedeutender als diese Reise an sich, ist die Reise zu mir selbst. Nach nun knapp acht Jahren, seit ich meinen Ex traf, bin ich nun wieder ganz ich selbst. Der Trip nach Thailand ist nur exemplarisch dafür. Und ich habe noch so viel vor. Es gibt noch so viel zu sehen auf dieser Welt. Und ich bin neugierig. Sehr neugierig. Und so lange ich meinen Rucksack noch tragen kann, werde ich ihn an die schönsten Orte dieser Welt schleppen. Ich werde nicht warten bis ich 65 bin und dann einen Rollkoffer brauche. 

Über den Wolken

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Jeden Tag beobachte ich, wie Menschen sich ihren Rollen und Verpflichtungen fügen und sich selbst gefangen halten in einem Leben, das sie verabscheuen. Das Resultat ist oft Verbitterung, Frustration und Wut. Kommt diese Spirale einmal in Gang, ist sie schwerlich anzuhalten. Auf Frust und Wut folgt Isolation, dann Depression. Und am Ende? Haben wir unser Leben verpasst. Ich möchte damit nicht sagen, hört auf zu arbeiten, dass kann ich auch nicht. Aber macht doch etwas, was euch Spaß macht. Fangt an, kleine Dinge zu verändern. Fangt doch erst einmal an aufzuschreiben, was euch aktuell so unglücklich macht. Daraus lässt sich sicher ableiten, was euch glücklich macht.

Landeanflug Bangkok

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Cabin Crew, prepare for landing. Ich spüre die Aufregung in mir hoch steigen.

 

Ich für meinen Teil habe mir bewusst gemacht, was oder wer mein Leben bereichert. Und ich handle danach. Ich kann mir vorstellen, dass diese Einstellung auf einige meiner Freunde und Bekannte egoistisch wirkt. Aber ich blicke in 30 Jahren auf mein Leben zurück. Und nicht die anderen auf meins. Ich bin für mein eigenes Glück verantwortlich, nicht für deren. Und ich habe keine Zeit für irgendwann.

Wir sind da

Nach knapp 12 Stunden Flug haben wir es geschafft. Wir steigen aus dem Flieger. Am Gepäckband fällt uns auf, dass mein Rucksack es nicht geschafft hat. Noch vor einem Jahr, wäre ich deswegen ausgeflippt. Heute nicht. Sie bringen es nach. Ich sage „ok“ und steige mit meinem Sohn in das Taxi zum Hotel. Lasset die Spiele beginnen.

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