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Ausgebrannt!

Mein Weg durch die Corona-Pandemie

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Ich bin müde. Nicht weil ich alleinerziehend bin. Nicht, weil ich berufstätig bin. Nicht weil Corona meinen Alltag beherrscht. Nein – ich bin müde, weil alle drei Faktoren zusammen wirken und mich der Anspruch an mich selbst zu immer höherer Leistung getrieben hat. Meine Seele hat sich schon lange gemeldet. Doch ich habe die Anzeichen ignoriert. Mein Körper folgte. Doch ich schleppte mich kraftlos von Tag zu Tag.Und die Quittung bekomme ich genau in diesem Moment – erste Anzeichen einer Erschöpfungsdepression.  

Corona die erste

Mit der ersten Corona-Welle hat sich mein Alltag grundlegend verändert. Was ich Anfangs als sehr beengend empfunden hatte, führte letztlich aber doch zu einer neuen Perspektive auf mein Leben. Statt ständig durch die Lande zu tingeln, Erlebnisse zu schaffen, nicht zur Ruhe zu kommen, war ich nun gezwungen mich zu entschleunigen. Und das tat ich – ich begann eine Reise zu mir selbst, definierte mich neu und ging die Dinge deutlich langsamer an. In einem Blogbeitrag habe ich darüber ausführlich berichtet. Und als der Sommer näher kam, die Lockerungen griffen, genoss ich umso mehr die Treffen mit meinen Freunden in den Bars dieser Stadt.  

Home Office

An die Tatsache, dass mein Arbeitsplatz nun mein Schreibtisch im Wohnzimmer sein würde, konnte ich mich anfangs nur schwer gewöhnen. Aber es gab ja keine Alternative – also fügte ich mich, wie es jeder andere Arbeitnehmer auch tat. Aber auch hier nutzte ich die Corona-Pandemie, um mich beruflich neu zu justieren. Als Projektmanagerin liegt mein Aufgabenbereich hauptsächlich in projektbezogenen Abstimmungen mit den Projektbeteiligten. Diese remote durchzuführen, stellte dank Skype, Teams und Co. kein Hindernis für mich dar. Ganz im Gegenteil - ich entdeckte meine Leidenschaft neue Methoden in der Zusammenarbeit auszuprobieren. Und mit den wachsenden positiven Erfahrungen wuchs der Wunsch nach einer neuen beruflichen Perspektive, der mich zusätzlich antrieb.  

Fluch und Segen

Doch so verlockend das Home Office auch ist, so war es Fluch und Segen zugleich. Zwar ersparte ich mir zwei Stunden Fahrzeit am Tag, investierte diese aber zeitgleich in mehr Arbeit. Und dies schien mir dringend nötig, denn die Fülle an Projekten riss nicht ab. Und so vermischte sich von heute auf Morgen mein privates Umfeld mit meinem beruflichen Alltag. Es gab kaum noch Abgrenzung. In meiner „Kindwoche“ zog die Tatsache, dass ich mich um meinen Sohn kümmern musste, noch eine Grenze. Diese verschwand mit dem Wechsel meines Sohnes zu Papa. Denn wo es früher noch Verabredungen mit Freunden gab, war nun der Lockdown. Was mir früher Entspannung und Kraft gab, war aufgrund der Corona-Pandemie schlichtweg nicht mehr möglich. Die Arbeit füllte die bedrückende Leere. Und so arbeitete ich – Tag ein, Tag aus.  

Wie im Rausch

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Und ich war erfolgreich. Die Projekte liefen gut – wie ein Jongleur hielt ich die vielen Bälle in der Luft. War wie berauscht von meinem Lauf. Die Anerkennung im Job gepaart mit meinem unnachgiebigen Leistungsanspruch an mich selbst trieben ein gefährliches Spiel. Ich wollte mehr und mehr. Klar war ich müde, ignorierte das aber so gut es ging. Denn ich hatte ein Ziel vor Augen – nämlich mich zu beweisen, beruflich einen neuen Schritt zu gehen, mehr Geld zu verdienen und mich selbst zu verwirklichen. Blind vor Eifer ignorierte ich meinen Körper, der sich immer stärker meldete. Die Folgen ließen nicht lange auf sich warten. Ich schlief schlecht. Mein Kopf kam nicht mehr zur Ruhe. Meine Rolle als Mutter traten in den Hintergrund. Kontakte zu Freunden rissen ab. Ich war viel zu kaputt, um mich ernsthaften Themen, vor allem aber mich mir selbst zu widmen.  

Dann kommt der Fall

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Viel zu lange belog ich mich selbst. „Nur noch diese eine Woche“, habe ich mir immer gesagt. „Dann wird es ruhiger.“ Aus der einen Woche wurden zwei, dann drei, dann vier. Und plötzlich kam der Schlag mit dem Hammer. Es war ein schönes Wochenende im Mai. Ich verabredete zum Grillen mit Freunden. Ich merkte aber schnell, dass ich die Geselligkeit nur sehr schlecht ertragen konnte. Und obwohl es ein entspannter, lauer Frühlingsabend war, war mir nur zum Heulen zu Mute. Zu meinem geschafften Körper paarte sich nun noch meine geschundene Seele. „Fühlt sich so eine Depression an?“, fragte ich mich selbst. Reden wollte ich nicht. Ich war so unfassbar müde. Ich ging ins Bett, doch schlafen konnte ich nicht. Wie ein Kreisel drehte sich mein Kopf. Und auf einmal begriff ich, dass es so nicht weiter gehen kann, nahm ich mich selbst ernst und zog die Reißleine.  

Balance finden

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Ich habe mein Leben lang gelernt, dass ich nur so viel wert bin, wie ich leisten kann. Stillstand ist demzufolge der Tod und mit „Versagen“ gleich zu setzen. Mir selbst einzugestehen, dass ich nicht versage sondern einfach nicht mehr kann, fiel mir extrem schwer. Ich musste anerkennen, dass auch ich nur begrenzt belastbar bin. Dass es mehr gibt, als nur die Arbeit – auch in Zeiten dieser beschissenen Pandemie. Und so nehme ich mir nun diese Auszeit und sortiere mich neu. Was das bedeutet? Das weiß ich selbst noch nicht so genau. Ich versuche es gerade herauszufinden. Aber eins weiß ich. Mein Leben ist schön. Und mein Job ist nicht der Nabel dieser Welt. Ich denke, die Kunst besteht darin, die richtige Balance zu finden, die Erwartungshaltung an sich selbst realistisch zu gestalten. Wie mir das gelingt? Ihr werdet es lesen.

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Kommentare: 2
  • #1

    Mandy Hübner (Samstag, 15 Mai 2021 19:17)

    Hallo Jenny,

    auch ich hatte vor 3 Jahren das gleiche durchgemacht. Ich war stets und ständig müde und das selbst wenn ich viele Stunden geschlafen hatte. Müde und Kraftlos und ich zog das solange hin, bis es nicht mehr ging. Ich quälte mich jeden Tag und wollte mir dies nicht eingestehen bis mein Mann mich zum Arzt schleppte. Erst da begriff ich was ich mir nie eingestehen wollte. Es braucht Zeit, bitte überstürzte nichts und gibt deinen Körper und deiner Seele die Zeit zum heilen. Ich wünsche dir ganz viel Kraft, Ruhe und Geduld gesund zu werden. Du schaffst das. Liebe Grüße Mandy

  • #2

    Claudia (Samstag, 15 Mai 2021 20:45)

    Meine liebe Jenny...
    Das hast du wieder sehr gut auf den Punkt gebracht. Und dank dir wissen wir nun was wir als nächste Challenge bei unserem ersten Weggehabend tun werden: klatschen für den Busfahrer �
    Wir freuen uns auf ein baldiges Wiedersehen mit viel Freude, Elan und lustigen Momenten. �