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Wir bleiben zu Hause

Wie die Corona-Krise meinen Alltag verändert

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Und da sitze ich nun – isoliert in meiner kleinen Drei-Zimmer-Wohnung. Freunde treffe ich nur noch virtuell. Meine Arbeit erledige ich im Home Office. Und Einkaufen gehe ich nur noch mit einem mulmigen Gefühl. Es ist der Corona-Virus, der nicht nur mein, sondern unser aller Leben, mächtig auf den Kopf gestellt hat. Doch was heißt das eigentlich?

Anfangs war es noch ganz weit weg

Als ich im Januar das erste Mal so richtig bewusst von Corona hörte, dachte ich mir noch nichts dabei. China war ja schließlich auch ganz weit weg. Dass sich dieser Virus wie ein Flächenbrand auf unserer Erde ausbreiten würde, hätte ich zu dieser Zeit nie erwartet. Ich selbst bin  noch völlig sorglos im Urlaub gewesen.  Mittlerweile ist er mehr als allgegenwärtig. Menschen erkranken, Menschen sterben, es droht der Zusammenbruch unseres Gesundheitssystems. Die Politik reagiert.

Shutdown

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Ich habe die Ernsthaftigkeit unserer Lage auch erst nicht verstanden. Ich gehöre ja schließlich nicht zur Risikogruppe (Vgl. Robert Koch Institut >>) Völlig unbedarft bin ich noch lange mit der Bahn zur Arbeit gefahren. Mulmig wurde mir erst, als die Entscheidung im Raum stand, die Schulen zu schließen. Und dann folgte eine Kettenreaktion, mit der mein Kopf nur sehr schwer zurecht kam. Schulen zu. Bars und Restaurants zu. Geschäfte zu, die für das tägliche Leben nicht notwendig sind. Unser Leben wurde auf Minimum heruntergefahren. Entschleunigung auf Befehl sozusagen. Hintergrund ist der Versuch, die Neuansteckungen möglichst in die Länge zu ziehen, um das Gesundheitssystem stabil halten zu können. Das erreichen wir nur, wenn wir alle zu Hause bleiben und die sozialen Kontakte auf ein Minimum zu reduzieren. Alles klar, habe ich verstanden.

Beklemmung

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Auch wenn mir der Ernst der Lage durchaus bewusst ist, so komme ich nach fast fünf Wochen mit den Beschränkungen nur sehr schwer zurecht. Ich bin in Freiheit groß geworden, hatte immer die Wahl, dass zu tun, was ich tun wollte. Und auf einmal geht das nicht mehr. Auf einmal wird mir vorgeschrieben, wo ich mich im öffentlichen Raum bewegen darf und wo nicht. Mit wem ich mich treffen darf und mit wem nicht. Ich fühle mich gefangen in meinem eigenen Leben. Einem Leben, das eigentlich immer bunt ist. Doch im Moment sehe ich nur schwarz weiß. Ich wünsche mir so sehr meine Farbe zurück. Abstand ist die neue Fürsorge. Doch ich vermisse meine Familie, meine Freunde, meine Kollegen. Ich fühle mich wie eine Blume, die langsam verwelkt. Denn ich bin allein – sozial isoliert.

Alleinerziehend

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Der Shutdown wirkt sich aber nicht nur auf mich aus, sondern auch auf das Leben meines Sohnes. Die Schulen sind zu. Das bedeutet für mich als Mutter, ihn zu Hause zu betreuen. Und das neben der Arbeit, die ich nun im Home Office erledige. Und diese Doppelrolle, die ich ja eigentlich gewöhnt bin, bringt mich in dieser Zeit an die Grenze meiner Belastbarkeit. Denn da ist niemand, der sich mit dem Kleinen beschäftigt, während ich wichtige Besprechungen am Telefon erledige. Im Gegenteil – von heute auf morgen bin ich Mutter, Lehrer und Angestellte in einer Person. Und das nicht zeitlich verteilt, sondern permanent und von morgens bis Abends.

Struktur hilft

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Ich muss arbeiten. Und das täglich. Und ich muss auf meine Stunden kommen. Ebenso muss mein Sohn lernen und seine Schulaufgaben erledigen. Ein Spagat, den ich als Alleinerziehende nur sehr schwer schaffe. Mit einem farbigen Stundenplan versuche ich unserem Tag eine Struktur zu geben – grau gleich Lernen und Spielen, orange gleich Telefonkonferenzen, gelb gleich Mama-Zeit. Meinem Sohn möchte ich damit eine Orientierung geben. Und bislang klappte das auch sehr gut. Und doch fährt das schlechte Gewissen immer mit. Denn gefühlt werde ich keinem gerecht. Meinem Sohn nicht, meinem Job nicht – und mir schon lange gar nicht. Am Ende eines jeden Tages fühle ich mich nur noch erschöpft und unzulänglich.

Das Wechselmodell hilft

Was am Anfang irgendwie gar nicht geklappt hat, hat sich mittlerweile wunderbar eingespielt – der regelmäßige Wechsel zwischen Mama und Papa. Mein Sohn kommt mittlerweile mit dem Springen zwischen beiden Welten gut zurecht. Und jetzt, wo ich von zu Hause aus arbeite, verschafft mir das Wechselmodell den erforderlichen Freiraum. Es gibt mir Raum, in Ruhe zu arbeiten und Luft zu holen. Es bedeutet aber auch, dass ich in dieser Zeit vollends allein bin. Und das macht sehr einsam.

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Natürlich versuche ich durch Whatsapp und Skype den Kontakt zu meiner Familie und meinen Freunden wenigstens virtuell zu halten – aber den Kaffee mit der Freundin kann auch die tollste Technologie nicht ersetzen. Mir fehlt einfach die Gemeinschaft. Und dieses Gefühl bedrückt mich. Ja es macht mich zum Teil sogar antriebslos und lethargisch – einen Zustand, den ich so eigentlich nicht von mir kenne.

Neue Erfahrungen

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Doch neben all den bedrückenden Gefühlen, der mittlerweile lethargischen Grundstimmung, der Tatsache, dass jeder Tag dem anderen gleicht, fühle ich aber auch, dass dieser Zustand etwas positives birgt. Ich habe erfahren, wie wenig Materielles ich tatsächlich brauche, um glücklich zu sein. Früher ging ich an meinen freien Tagen oft shoppen. Das Resultat war ein völlig überfüllter Kleiderschrank. Und trotzdem hatte ich nichts anzuziehen. Das Gefühl, neue Klamotten gefunden zu haben, befriedigte mich nur kurz. Heute merke ich, dass ich den ganzen Kram eigentlich nicht brauche. Mein Konsumverhalten hat sich grundlegend geändert. 

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Auch mein Freizeitverhalten hat sich entscheidend gewandelt. Während ich früher stark darauf bedacht war, möglichst viel zu unternehmen, habe ich heute alte und neue Hobbies wieder für mich entdeckt, bin sogar ein bisschen häuslich geworden. Nach sehr langer Zeit hole ich nun vermehrt mein E-Bike aus dem Keller und unternehme lange Fahrradtouren in die Umgebung. Es ist ein anderes Gefühl von Freiheit, die mir hilft mich zu entspannen. Ferner habe ich das Gärtnern für mich entdeckt und habe mir meinen ganz eigenen Stadtgarten auf meinem Balkon geschaffen. Ich versuche mich nun mit dem Anbau von Obst und Gemüse, habe mir dazu sogar ein eigenes Hochbeet gebaut. Schauen wir mal, was überlebt. Auch bin ich nun wieder viel kreativer tätig. Basteln, Handlettering und Sketchnotes gehören nun wieder vermehrt zu meinem Abendprogramm. Und für meinen Sohn sind das ja auch alles Dinge, von denen er nur profitieren kann.

Und nun?

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Ich stelle mir oft die Frage, wie lange wir noch so weiterleben werden. Und das macht mir ein mulmiges Gefühl in der Magengegend. Denn auch wenn neue Erfahrungen mich ein Stück näher zu mir bringen, so bin ich für dieses Einsiedlerleben nicht gemacht. Ich will meine Farbe zurück. Doch es bleibt mir nichts anderes übrig, als abzuwarten und zu schauen, wie sich die Dinge entwickeln. Denn eigentlich geht es mir ja gut. Und wer weiß, wie unser soziales Leben nach Corona aussehen wird. Ich für meinen Teil, werde einen Teil der neu gewonnen Erfahrungen zum Alltag werden lassen. Bleibt gesund!

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